Arnold Schwarzenegger und das Zollstrafrecht
Am vergangenen Mittwoch wurde Arnold Schwarzenegger am Flughafen München von Zollbeamten mehrere Stunden lang festgehalten. Herr Schwarzenegger führte bei seiner Einreise mit einem Flug von Los Angeles eine Uhr der Marke Audemars Piguet bei sich und benutzte nach der Gepäckausgabe offenbar den grünen Ausgang. Seine geplante Weiterreise nach Kitzbühel, wo die Luxus-Uhr auf dem „World Climate Summit“ versteigert werden sollte, konnte er jedoch zunächst nicht antreten, denn Zollbeamte baten ihn zur Nachkontrolle. Hierbei stellten Sie die Uhr in einem Originalkarton der Marke Audemars Piguet fest, auf dem ein Blatt mit der Aufschrift „For Austria“ befestigt war. Dies ist einem von der Zeitung BILD wiedergegebenen Foto der Kontrolle in den Räumen des Zolls zu entnehmen.
Wahrscheinlich war diese Aufschrift der Ausgangspunkt der weiteren Ermittlungen des Zolls, denn sofern die Ware im Zollgebiet der Union verbleiben sollte, war sie in den „zollrechtlich freien Verkehr“ zu überführen. Das bedeutet, dass Herr Schwarzenegger die Uhr hätte anmelden müssen und die darauf entfallenden Abgaben Zoll und Einfuhrumsatzsteuer zahlen müssen.
Da Herr Schwarzenegger seinen Lebensmittelpunkt außerhalb des Zollgebiets der Union hat, muss er mitgeführte Reiseutensilien wie unter anderem auch Uhren nicht ausdrücklich anmelden. Mit dem Durchschreiten des grünen Ausgangs werden diese Waren „automatisch“ zum Zollverfahren der „vorübergehenden Verwendung“ angemeldet. Anders verhält es sich aber bei Waren, die keine Reiseutensilien sind, weil sie im Unionsgebiet verbleiben sollen.
Durch das Unterlassen der Gestellung und Anmeldung der in Kitzbühel zu versteigernden Uhr hat Herr Schwarzenegger tatsächlich objektiv Steuern verkürzt, indem er „die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen hat“. Dies erfüllt den objektiven Tatbestand des Steuerhinterziehungsparagrafen 370 der Abgabenordnung (AO).
Laut den Zeitungen BILD und WELT soll sich der Sprecher des Hauptzollamts München, Herr Thomas Meister, hierzu wie folgt geäußert haben:
„Wenn die Ware in der EU bleibt, muss man das versteuern und verzollen. Das gilt für jeden. […] Wir haben ein steuerrechtliches Strafverfahren eingeleitet. Die Uhr hätte angemeldet werden müssen, weil es eine Einfuhr ist. […] Der Fall geht jetzt zur zuständigen Straf- und Bußgeldstelle nach Augsburg.“
Laut BILD soll Herr Schwarzenegger dazu befragt worden sein, wie viele Kinder er habe, wie seine Partnerin heiße und wie groß sein Vermögen sei (Schätzungen gehen von 500 Mio. Euro aus). BILD führt weiter aus:
„Wozu die Beamten das wissen müssen, soll Schwarzenegger gefragt haben. Doch die Beamten beharrten angeblich darauf, dass er die Fragen beantworten müsse. Schikane pur.“
Die Fragen dienten der Ermittlung der Tagessatzhöhe von einer eventuell zu verhängende Geldstrafe wegen Steuerhinterziehung. Der Zollwert der Uhr soll auf 26.000 Euro geschätzt worden sein. Danach würden sich Einfuhrabgaben in Höhe von 4.940,95 Euro ergeben. Nach der Dienstvorschrift der zuständigen Straf- und Bußgeldsachenstelle des Hauptzollamts Augsburg ist hier eine Geldstrafe von rund 125 Tagessätzen zu verhängen.
Die Höhe eines Tagessatzes wird Nach § 40 Abs. 2 des Strafgesetzbuches unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters bestimmt. Dabei geht man in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Ein Tagessatz wird auf mindestens einen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.
Ein Tagessatz von 30.000 Euro ergibt ein Nettoeinkommen von 10.950.000 Euro im Jahr. Allein bei einem Ertrag aus einem Vermögen von 500.000.000 Euro von 4 Prozent p.a. erscheint ein solches Nettoeinkommen nicht ausgeschlossen. Hinzu könnten weitere Einnahmen aus anderen Einkommensquellen kommen. Die sich danach ergebende Höchststrafe im Steuerstrafverfahren beträgt 3.750.000 Euro.
Die Aussage der BILD:
„Der Streitwert beläuft sich auf angeblich 35 000 Euro! Die Uhr wurde auf 26 000 Euro geschätzt. Dazu kommen ein Steuerwert in Höhe von 4000 Euro und eine Strafe von 5000 Euro.“
ergibt juristisch jedenfalls auf den ersten Blick keinen rechten Sinn. Eine Strafe konnte noch nicht verhängt werden. Dies folgt bereits daraus, dass das Hauptzollamt München und insbesondere die Kontrolleinheiten am Flughafen hierfür nicht zuständig sind. Naheliegend ist vielmehr, dass eine Sicherheitsleistung für die zu erwartende Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens nach § 132 der Strafprozessordnung (StPO) verlangt wurde. Der „Steuerwert“ (gemeint sind wohl die Einfuhrabgaben) beträgt bei einem Zollwert von 26.000 Euro, wie oben dargelegt, 4.940,95 Euro (0,80 Euro Zoll bei automatischen Uhren aus Edelmetall wie einer Audemars Piguet zuzüglich 4.940,15 Euro Einfuhrumsatzsteuer). Wenn Herr Schwarzenegger vor Ort insgesamt 35.000 Euro zahlen musste, dürfte es sich daher hierbei um die Einfuhrabgaben zuzüglich einer Sicherheitsleitung nach § 132 StPO gehandelt haben.
Auch wenn stets die konkreten Umstände des Falles entscheidend sind, spricht nach den bisher bekannt gewordenen Informationen einiges gegen die Annahme des Vorsatzes der Steuerhinterziehung. Die Veranstaltung, in deren Rahmen die Uhr letztlich für 270.000 Euro versteigert wurde, fand keineswegs im Verborgenen statt. Vielmehr lebt die „Schwarzenegger Climate Initiative“, für die Herr Schwarzenegger die Reise nach Kitzbühel unternommen hat, von der Publizität ihrer Veranstaltungen. Da die Uhr offenbar exklusiv für Herrn Schwarzenegger angefertigt wurde, hätte sich also ihre Einfuhr kaum verheimlichen lassen.
Entscheidende Bedeutung könnte zudem dem auf dem Uhrenkarton angebrachte Vermerk „For Austria“ zukommen. Hätte Herr Schwarzenegger für möglich gehalten, dass die Uhr bei der Einfuhr über München zu verzollen war, und hätte er die Einfuhrabgaben tatsächlich hinterziehen wollen, hätte es nahe gelegen, keinen Hinweis darauf zu geben, dass die Uhr im Zollgebiet der Union verbleiben sollen. Wohl kaum zu widerlegen wäre die Einlassung gewesen, er führe die Uhr als Reiseutensil mit sich, um sie bei der Rückreise in die USA wieder aus der Union auszuführen.
Demgegenüber ist die Unkenntnis der zollrechtlichen Vorschriften und hier speziell des Unterschiedes zwischen vorübergehender Verwendung und freiem Verkehr weit verbreitet. Nicht fernliegend erscheint zudem, dass sich Herr Schwarzenegger bei Reisen auf die umfassenden Vorbereitungen durch Assistenten verlässt, von denen im Falle einer zollrechtlichen Anmeldepflicht ein entsprechender Hinweis zu erwarten gewesen wäre.
Die Straf- und Bußgeldsachenstellen der Hauptzollämter gehen allerdings in der Regel von vorsätzlicher Steuerhinterziehung aus. Sie berufen sich auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach keiner Klärung bedarf, dass ein Reisender sich über die Bedeutung des roten und des grünen Ausgangs an den Flughäfen Kenntnis verschaffen muss, wenn er diese Kenntnis nicht bereits besitzt (Beschluss vom 16. März 2007 – VII B 21/06). Tut er dies nicht und benutzt er den grünen Ausgang in der Annahme, die von ihm erwarteten zollrechtlichen Erklärungen bei oder sogar noch nach Durchschreiten dieses Ausgangs abgeben zu können, begeht er im Allgemeinen eine zumindest leichtfertige Steuerverkürzung. Ein Reisender mit wenigstens durchschnittlicher Auffassungsgabe bemerkt die entsprechenden Hinweise an den betreffenden Ausgängen und begreift ihre Bedeutung.
Herr Schwarzenegger muss daher davon ausgehen, dass die Straf- und Bußgeldsachenstell des Hauptzollamts Augsburg gegen ihn beim Amtsgericht Landshut einen Strafbefehl beantragen wird. Eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Zahlungsauflage nach § 153a StPO kommt nach der internen Richtlinie des Hauptzollamts bei einem Hinterziehungsbetrag von fast 5.000 Euro nicht mehr in Frage. Gegen einen Strafbefehl könnte Herr Schwarzenegger Einspruch einlegen. Daraufhin würde es dann zur Hauptverhandlung beim Strafrichter kommen. Der zuständige Richter am Amtsgericht Alfred Zimmerer gilt als „Hardliner“, der bereits unter anderem die Strafbefehle gegen Karl-Heinz Rummenigge (249.000 Euro Geldstrafe), Oliver Kahn (125.000 Euro Geldstrafe) und Michael Ballack (70.000 Euro) unterzeichnet hat.
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