Steuerlicher Arrest und Rechtsschutz
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass ein Antrag auf Aufhebung der Vollziehung eines angeordneten dinglichen Arrests gem. § 324 AO auch ohne Sicherheitsleistung zulässig sei, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit ein günstiger Prozessausgang für den Steuerpflichtigen zu erwarten ist. Zudem stellt der Vorwurf einer Steuerhinterziehung keinen hinreichenden Arrestgrund dar.
Bei Verdacht der Finanzverwaltung auf Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzungen ist abzusehen, dass der Steuerpflichtige sich seinen Zahlungsverpflichtungen entziehen möchte. Für den Fiskus besteht daher die Notwendigkeit, durch einen schnellen Zugriff auf das Vermögen des Steuerpflichtigen den Eingang der Steuerforderungen zu sichern. Dies geschieht durch den Erlass einer Arrestanordnung.
Die Arrestanordnung ist ein restriktives Mittel der Finanzverwaltung zur Sicherung des Steueraufkommens. Das steuerliche Arrestverfahren unterscheidet sich von den sonstigen Vollstreckungsmaßnahmen insoweit, als das es nicht auf Befriedigung des Steuergläubigers, sondern lediglich auf eine Sicherung der Steuerforderung ausgelegt ist.
Die Vollstreckung darf erst beginnen, wenn die Leistung fällig, der Vollstreckungsschuldner zur Leistung aufgefordert worden und seit dieser Aufforderung mindestens eine Woche verstrichen ist § 254 Abs. 1 AO. Die Arrestanordnung ermöglicht daher der Finanzbehörde einen jederzeitigen Zugriff auf das bewegliche und unbewegliche Vermögen durch Pfändung. Der Arrestschuldner kann auf Grund der Arrestanordnung auch zur Leistung der eidesstattlichen Versicherung herangezogen werden. Allerdings ist dafür weitere Voraussetzung, dass Versuche, den Arrest in das bewegliche Vermögen des Schuldners zu vollziehen oder nach § 315 Abs. 2 AO eine Urkunde zu erlangen, erfolglos geblieben sind.
Das Finanzamt kann sich demzufolge selbst einen vollstreckbaren Titel verschaffen, da es für die Anordnung weder einer externen Prüfung, noch eines gerichtlichen Beschlusses bedarf.
Das Arrestverfahren teilt sich auf in die Arrestanordnung als besondere Form des Steuerfestsetzungsverfahrens und in das eigentliche Vollstreckungsverfahren. Die ungerechtfertigte Androhung und Vollziehung eines Steuerarrestes kann für den Betroffenen einen Schadensersatzanspruch auslösen, der im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen ist.
Ein Arrestgrund i.S.d. § 324 AO ist dann gegeben, wenn zu befürchten ist, dass sonst die Betreibung der Forderungen vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Es müssen somit Umstände vorliegen, die in ihrer Gesamtheit geeignet sind, nach ruhiger und vernünftiger Abwägung der Finanzbehörde die Besorgnis aufkommen zu lassen, dass ohne den Erlass der Arrestanordnung der Anspruch nicht verwirklicht werden kann.
Zudem hat der BFH wiederholt entschieden, dass die Behauptung steuerlicher Unzuverlässigkeit oder der Vorwurf einer Steuerhinterziehung allein keinen hinreichenden Arrestgrund darstellt. Mit der Steuerhinterziehung begründet das Finanzamt bereits das Vorliegen eines Arrestanspruches. Nach der herrschenden Rechtsprechung genügt dies jedoch für die zusätzlich erforderlichen Voraussetzungen eines Arrestgrundes nicht.
Aus Sicht der Finanzbehörde bietet der steuerliche Arrest einen unschätzbaren prozessualen Vorteil, denn die Arrestanordnung, deren Vollziehung, der anschließende Erlass von Steuerbescheiden, das vollstreckbare Leistungsgebot und im Falle der Nichtentrichtung festgesetzter Steuern und die Einziehung bzw. Verwertung per Arrest gesicherter Vermögenswerte können ohne jede gerichtliche Überprüfung erfolgen. Hinzu kommt, dass der Finanzbehörde in § 324 AO keine inhaltlichen oder zeitlichen Grenzen für die Arrestdauer gesetzt werden.
Der Arrest hat nur vorläufigen Charakter und ist nicht selbst Vollstreckungsmaßnahme, sondern bereitet diese nur vor, dennoch hat dieser gravierende Folgen, denn es droht die Zerstörung der wirtschaftlichen Existenz. Durch die Pfändung sämtlicher Konten ist regelmäßig plötzliche Zahlungsunfähigkeit gegeben.
Eine jahrelang anhaltende, vollständige Vermögenssperre bis zu einer möglichen Hauptsachentscheidung des Gerichts stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Arrestbetroffenen dar. Problematisch ist dabei, dass zumeist zu Beginn von Ermittlungen nur Verdachtsmomente vorliegen. Da die Anordnung ohne vorherige Anhörung des Beschuldigten erfolgt, werden entlastende Gesichtspunkte nicht berücksichtigt.
Der vom Gesetzgeber vorgegebene Rechtsschutz gegen eine Arrestanordnung ist umfassend. Der Arrestschuldner kann dabei zwischen dem außergerichtlichen Verfahren und dem sofortigen finanzgerichtlichen Verfahren wählen.
Die Aussetzung einer Vollziehung einer Arrestanordnung ist grundsätzlich möglich. Allerdings darf sie dem Wesen der Arrestanordnung nicht zuwiderlaufen. Das bedingt, dass eine Aussetzung der Vollziehung im Regelfall nur gegen Sicherheitsleistung ausgesprochen werden kann. Die Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung kommt der Aufhebung der Arrestanordnung nicht gleich, es besteht trotz der angeordneten Aussetzung weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis für die Aufhebung der Anordnung.
In der aktuellen Entscheidung hat der BFH ausgeführt, dass eine Sicherheitsleistung der Vermeidung von Steuerausfällen bei einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Verfahrensausgang dient. Eine solche Gefahr bestehe insbesondere im Falle wirtschaftlicher prekärer Verhältnisse. Das öffentliche Interesse an der Vermeidung von Steuerausfällen rückt jedoch in den Hintergrund, wenn mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den Steuerpflichtigen günstiger Prozessausgang zu erwarten ist. Auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Obsiegenden kommt es dann nicht an.
Bislang folgte die überwiegende Rechtsprechung der Auffassung des Finanzgerichts Hamburg, wonach eine Aufhebung der Vollziehung hier nur gegen Sicherheitsleistung erfolgen könne (FG Hamburg Beschl. V. 2.8.1999, IV 87/99). Andernfalls würde die Aufhebung der Vollziehung im summarischen Eilverfahren schon die Hauptsache vorwegnehmen und den eigentlichen Sicherstellungseffekt eines Arrests konterkarieren. Der Steuerpflichtige könne nicht mehr erreichen als die Aufhebung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung, sodass das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Dies mache einen gerichtlichen Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO bereits unzulässig.
Der BFH hat nun klargestellt, dass ein solches Vorgehen mit dem grundgesetzlichen Gebot effektiven Rechtsschutze nicht vereinbar ist, unabhängig davon, dass auch der Gesetzgeber in § 69 Abs. 3 S. 3 AO den Verzicht auf eine Sicherheitsleistung nicht prinzipiell ausgeschlossen hat. In den Fällen, in denen ein Prozesserfolg des Steuerpflichtigen naheliegt, tritt das öffentliche Interesse an einer vorläufigen Vermögenssicherung zurück und eine Sicherheitsleistung darf nicht gefordert werden.
Die Sicherheitsleistung in Höhe des Arrestbetrages stieß bereits zuvor auf Kritik. Das Finanzamt setzt die Sicherheitsleistung auf die Gesamtsumme aller bereits sichergestellten bzw. gepfändeten Vermögenswerte fest und verlangt dann in Kenntnis der fehlenden weitergehenden Vermögenswerte dieselbe Summe noch einmal. Der Arrestbetroffene hat in den meisten Fällen keine Möglichkeit den gleichen Betrag noch einmal aufzubringen, da er insoweit weder kreditwürdig ist noch plausibel dargestellt werden kann, woraus er weitergehende Liquidität schöpfen sollte.
Insoweit hat der BFH eine Grenze gezogen, denn die Sicherheitsleistung darf nicht erfolgen, wenn sie mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen eine unbillige Härte bedeuten würde, etwa weil der Steuerpflichtige im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage ist, Sicherheit zu leisten. Auch wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen eine Sicherheitsleistung nicht zuließen, dürfe der Rechtsvorteil der Aufhebung der Vollziehung bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides nicht grundsätzlich versagt werden. Denn die Aufhebungsentscheidung stellt unter der Bedingung einer Sicherheitsleistung eine teilweise Ablehnung i.S.d. § 69 Abs. 4 S. 1 FGO dar, gegen die vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren ist.
Für das Rechtsschutzbedürfnis ist die Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in das Eigentumsgrundrecht und dessen Dauer von Bedeutung. Wenn es dem Arrestbetroffenen objektiv nicht möglich ist, eine Sicherheitsleistung zu erbringen, muss es ein zeitliches Korrektiv geben, einen Arrest dennoch zu begrenzen oder sich zumindest gegen einen solchen gerichtlich wehren zu können.
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