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„Entrichten“ i.S.d. § 371 Abs. 3 AO

von Torsten Hildebrandt

Gemäß § 371 Abs. 3 AO erlangt nur derjenige Straffreiheit, der bei bereits eingetretener Steuerverkürzung oder erlangten Steuervorteilen die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern innerhalb der ihm bestimmten Frist entrichtet.

Welche bzw. ob überhaupt Anforderungen an das Merkmal des „Entrichtens“ zu stellen sind, wird von Rechtsprechung und Literatur bisher kaum behandelt. Zumindest muss der verkürzte Betrag in voller Höhe gezahlt werden. Fraglich ist, ob das allein ausreicht, oder ob es weiteren Voraussetzungen bedarf.

Dem LG Heidelberg (Beschluss vom 16.11.2012 - 1 Qs 62/12) lag folgender Fall zur Entscheidung vor:

Der Angeklagte hatte Selbstanzeige erstattet und die Steuern in vollem Umfang bezahlt. Er hatte dabei allerdings bereits vor Zahlung Einspruch gegen die neu festgesetzte Einkommen-steuer eingelegt, da er der Auffassung war, die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO komme hier nicht zur Anwendung, da er seit vielen Jahren an einer psychischen Erkrankung leide, weswegen er schuldunfähig sei. Die Staatsanwaltschaft vertritt die Ansicht, dass hier kein „Entrichten“ vorliege, da nur eine vorbehaltlose Zahlung zur Straffreiheit führen könne. Der Angeklagte hatte aber trotz Zahlung Einspruch eingelegt.

Es stellt sich somit die Frage, ob an das „Entrichten“ noch weitere Anforderungen zu stellen sind, als das bloße bezahlen der hinterzogenen Steuern.

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft war in diesem Fall erfolglos, obwohl das Gericht deren Auffassung dem Grunde nach zustimmt. Das Gesetz selbst regelt den Begriff des „Entrichtens“ nicht näher. Deshalb kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass jedwede Zahlung bereits eo ipso zur Straffreiheit nach § 371 Abs. 3 AO führt. Nach Ansicht des LG bedarf es zusätzlich noch des Willens des Steuerschuldners, die Forderung zu tilgen. Nur dann soll die Folge des § 47 AO, das Erlöschen der Steuerschuld durch Zahlung, eintreten.

Dabei kann auf die §§ 362 ff. des BGB zurückgegriffen werden. Die Folgen eines mit Zahlung erklärten Vorbehalts sind allerdings umstritten. Ein Teil der Literatur ist der Auffassung, dass ein Vorbehalt des Steuerschuldners den Steueranspruch bestehen lässt, während die höchstrichterliche Rechtsprechung besagt, dass Vorbehalte der AO fremd sind und daher ungeeignet, das Erlöschen nach § 47 AO zu verhindern.

In vorliegenden Fall ist trotz Streits der Vorbehalt unbeachtlich. § 371 AO gewährt dem Steuerschuldner keine Straffreiheit aufgrund der Tatsache, dass er nach Tatbegehung ein schlechtes Gewissen erhalte oder nun Einsicht walten lässt, da er gegen das Gesetz verstoßen habe. Es handelt sich vielmehr um rein fiskalische Beweggründe, nämlich als Anreiz zur Aufdeckung bisher verdeckter Steuerquellen. Straffreiheit soll deswegen nicht eintreten, wenn der Steuerschuldner zahlt, aber dem Anspruch dem Grunde nach widerspricht und der Finanzbehörde somit weitere Ermittlungen erschwert oder vereitelt.

Im Fall des LG Heidelbergs widersprach der Angeklagte dem Steueranspruch an sich nicht, sondern nur der Durchsetzbarkeit aufgrund seiner Schuldunfähigkeit. Ihm war somit Straffreiheit zu gewähren.

Fraglich wird sein, ob auch dann ein „Erschweren“ weiterer Ermittlungen vorliegt, wenn der Steuerschuldner zunächst einmal die zu entrichtende Summe schätzt, um die Selbstanzeige nicht zu gefährden, aber dann im Besteuerungsverfahren wieder „kleinrechnen“ will und die Finanzbehörde zu weiteren Ermittlungen gezwungen ist.

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