BFH: BMF-Richtsätze als geeignete Schätzungsgrundlage
Mit Beschluss vom 14. Dezember 2022 (Aktenzeichen: X R 19/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) das Bundesministerium der Finanzen (BMF) dazu aufgefordert, einem Revisionsverfahren beizutreten, um zu der Frage Stellung zu nehmen, ob und – wenn ja – unter welchen Voraussetzungen ein äußerer Betriebsvergleich in Gestalt einer Schätzung anhand der Richtsätze der amtlichen Richtsatzsammlung des BMF zulässig ist.
Trotz der für die steuerrechtliche, aber auch für die steuerstrafrechtliche Praxis erheblichen Bedeutung der Verprobung und Schätzung von Besteuerungsgrundlagen anhand der amtlichen Richtsatzsammlung hat sich der Bundesfinanzhof bislang in keiner Entscheidung näher damit auseinandergesetzt, auf welchen Grundlagen und Parametern die Richtsätze des BMF beruhen, wie sie zustande kommen und welche Auswirkungen sich hieraus auf die Tauglichkeit eines äußeren Betriebsvergleichs anhand der Richtsatzsammlung ergeben.
Die auf eine Kleine Anfrage zur Ermittlung der Richtsatzsammlung vom 27.08.2018 (BT-Drucks 19/3987) ergangene Antwort der Bundesregierung vom 11.09.2018 (BT-Drucks 19/4238) hat hierzu Bemerkenswertes zu Tage gefördert. Es stellte sich – für mit der Materie Befasste wenig überraschend – heraus, dass die Zahlen bei der Erstellung der Richtsatzsammlung (seit Jahrzehnten) im Sinne der Finanzverwaltung „optimiert“ wurden. So beabsichtigt der BFH das BMF insbesondere dazu aufzufordern, zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen:
- weshalb die Ergebnisse von Außenprüfungen bei sog. Verlustbetrieben unberücksichtigt bleiben, obwohl auch solche Betriebe grundsätzlich einen positiven Rohgewinnaufschlagsatz ausweisen;
- ob ganz oder teilweise erfolgreiche Rechtsbehelfe des Steuerpflichtigen gegen die auf eine Außenprüfung ergangenen Steuerbescheide Eingang in die Richtsatzsammlung finden.
Ferner will der BFH prüfen, „wie dem Steuerpflichtigen ermöglicht werden kann, das Ergebnis einer Schätzung auf der Grundlage der amtlichen Richtsatzsammlung – insbesondere auch im Hinblick auf die spezifischen Daten, die dieser Sammlung zugrunde liege – nachzuvollziehen und zu überprüfen.“ Die Finanzverwaltung führt in diesem Zusammenhang stets das Steuergeheimnis nach § 30 AO an und verweigert die Einsicht in ihre Daten. Dadurch zieht die Richtsatzsammlung ihre Überzeugungskraft allein aus der Glaubwürdigkeit ihres Erstellers. Eben diese Glaubwürdigkeit des BMF hat jedoch in Folge der Antworten auf die Kleine Anfrage Einschränkungen erfahren.
Weitere Informationen zum Zoll- und Steuerstrafrecht finden Sie auf der Website des Verteidigers in Zoll- und Steuerstrafsachen Rechtsanwalt Torsten Hildebrandt, Berlin/Hamburg.