Antidumping- und Ausgleichszölle
Antidumping in der Europäischen Union: Eine Übersicht
Dumping ist als Handelspraxis definiert, mit der ein Ausführer für eine exportierte Ware einen Preis festlegt (Ausfuhrpreis), der unterhalb des Normalwertes auf dem Inlandsmarkt im Herstellungsland liegt. Die Welthandelsorganisation sieht Dumping als eine der unfairen Handelspraktiken an, gegen die Einfuhrländer - hier durch die Anwendung von Antidumpingzoll - zum Schutz ihrer Wirtschaft vorgehen können. Erforderlich hierfür ist der Nachweis für
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das Vorliegen von Dumping,
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das Vorliegen einer schweren Schädigung der inländischen Wirtschaft und
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das Bestehen eines kausalen Zusammenhangs zwischen Dumping und Schädigung.
Die Europäische Kommission untersucht zudem, ob das Erheben von Antidumpingzoll auf gedumpte Einfuhren im Einzelfall im Interesse der EU ist. Im Handelsverkehr mit Ländern wie China sind danach regelmäßig Maßnahmen indiziert.
Dumpingspanne ist die Differenz zwischen dem Inlandsmarkt-Preis des Ausfuhrlandes bei normalen Markttransaktionen (Normalwert bzw. Inlandspreis) und dem Ausfuhrpreis. Das WTO-Recht verbietet Antidumpingzoll, der höher als die Dumpingspanne ist.
Aufgabe der Antidumpingzölle im System der Europäischen Union ist daher (anders als normale Zölle) der Ausgleich der Dumpingspanne und die Schaffung eines normalen Preisniveaus zum Schutz der europäischen Industrie. Die Berechnung des Antidumpingzollsatzes erfolgt nach der europäischen Antidumping-Grundverordnung unter Berücksichtigung von Normalwert und Ausfuhrpreis.
Rechtsgrundlage der Antidumpingmaßnahmen und Antisubventionsmaßnahmen (Antidumping-Grundverordnung, Antisubventions-Grundverordnung)
Grundlage für die Einführung von Antidumping- und/oder Ausgleichszöllen in der Europäischen Union sind die Antidumping-Grundverordnung und die Antisubventions-Grundverordnung, in denen die jeweiligen grundsätzlichen Regelungen zur Einführung, Berechnung und Erhebung der Antidumping- und Ausgleichszölle festgelegt sind (Verordnung (VO) (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates und VO (EU) 2016/1037 des Europäischen Parlaments und des Rates). Die Maßnahmen gegenüber einer bestimmten Ware bzw. Warengruppe werden in individuellen Verordnungen festgelegt, aus denen sich insbesondere der Antidumpingzollsatz ergibt. Die Höhe des Antidumpingzollsatz ist oft erheblich und kann unternehmens-abhängig sein.
Das Antidumpingverfahren ist regelmäßig ein Antragsverfahren, die Europäische Kommission kann aber auch von Amts wegen tätig werden. Dann ist die europäische Industrie aufgefordert, am Verfahren der Kommission mitzuwirken. Die Antragstellung erfolgt nicht durch einen EU-Mitgliedstaat, sondern regelmäßig durch EU-Hersteller selbst. Diesen entsteht durch die fraglichen Importe ein Schaden.
Grundlage zur Erhebung der Antidumping- und Ausgleichszölle als gesetzlich geschuldete Abgaben bei der Einfuhr ist Artikel (Art.) 56 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. h UZK.

Hinterziehung von Antidumpingzöllen (ADZ)
Bei der Hinterziehung von Antidumpingzoll gibt es mehrere typische Vorgehensweisen. Diese beziehen sich in der Regel auf die Höhe des Zollwerts, den nichtpräferenziellen Usprung der Waren und die Einreihung in den Zolltarif:
Unterfakturierung
Einfuhren werden unterfakturiert, d.h. für die Ware wird ein zu niedriger Zollwert angegeben. Der Zollwert ist die Berechnungsgrundlage von Zöllen (also auch der normalen Zölle), er wird mit dem Antidumpingzollsatz nach der einschlägigen AntidumpingVO multipliziert und ergibt so den Antidumpingzoll im Fall der konkreten Einfuhr. Durch die Unterfakturierung wird er zu niedrig festsetzt, es tritt eine Steuerverkürzung nach § 370 AO Abs. 4 in Höhe der Differenz zum zutreffenden Antidumpingzoll ein. Da diese auf unrichtige Angaben gegenüber dem Hauptzollamt zurückgeht, ist der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt.
Überfakturierung
Antidumpingzölle können auch durch Überfakturierung der Einfuhren hinterzogen werden, also durch Vorlage von Rechnungen, die einen zu hohen Preis ausweisen. Erforderlich für ADZ ist, dass Waren aus einem Land unter ihrem Normalwert auf dem Markt in einem anderen Land verkauft werden, mithin der Preis einer Ausfuhrware billiger ist als der Preis im Ausfuhrland und die EU dem mit der Erhebung eines Antidumpingzolls entgegenwirken will. Durch die Überfakturierung kann der Kaufpreis so manipuliert werden, dass er bei der Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr der EU die Dumpingschwelle überschreitet.
Unrichtige Angaben zum nichtpräferenziellen Ursprung der Ware
Häufig sind auch unrichtige Angaben bezüglich des Ursprungs der Ware. Waren mit nichtpräferenziellem Ursprung in China (ein typisches Exportland für gedumpte Produkte) werden beispielsweise zunächst nach Taiwan, Thailand oder Malaysia geliefert, danach erfolgt der Import in der Europäischen Union. In den Lieferpapieren tauchen die letztgenannten Länder als Herstellerländer auf, die jedoch in der Antidumpingverordnung nicht genannt sind. Der Zoll geht von einer Ausfuhr aus Taiwan etc. aus, der ADZ findet keine Anwendung.
Gelegentlich wird China in den Zollpapieren erwähnt, es wird jedoch eine ursprungsbegründende Bearbeitung in den anderen Ländern behauptet. Mindestens eine Voraussetzung für die Veränderung des Warenursprungs ist hier jedoch nicht erfüllt.
Unrichtige Angaben zur Zolltarifnummer der Ware
Eine recht einfach im Rahmen einer Zollbeschau aufzudeckende Methode kann auch die falsche Einreihung der Waren in den Zolltarif sein.

Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls
Gem. Art. 7 Verordnung (EU) 2016/1036 können durch die Europäische Kommission vorläufige Antidumpingzölle eingeführt werden. Diese Maßnahmen erfolgen, wenn ein Verfahren nach Art. 5 der Verordnung (Antidumpinguntersuchung) eingeleitet wurde, eine entsprechende Bekanntmachung veröffentlicht wurde und die interessierten Parteien nach Art. 5 (10) ausreichend Gelegenheit erhielten, der Kommission Informationen vorzulegen und Stellungnahmen abzugeben, und wenn vorläufig festgestellt wurde, dass Dumping vorliegt (Überschreitung des Ausfuhrpreises der Ware durch den Normalpreis im Ausfuhrland) und eine Schädigung eines Wirtschaftszweiges der EU gegeben ist, und wenn das Unionsinteresse Maßnahmen zur Beseitigung dieser Schädigung erforderlich macht. Sollte ein vorläufiger Antidumpingzoll festgesetzt werden, hängt die Überführung der davon betroffenen Ware bzw. Waren in den zollrechtlich freien Verkehr von der Leistung einer Sicherheit ab, die nach dem vorläufigen Antidumpingzollsatz zu bemessen ist.
Vorläufige und endgültige Antidumpingzölle werden nicht anstelle der übrigen Einfuhrabgaben erhoben, sondern zusätzlich zu diesen.
Außerkrafttreten der ADZ
Antidumpingzölle gelten jedoch nur eine begrenzte Zeit, nämlich nur solange, wie es erforderlich ist, das schädigende Dumping unwirksam zu machen. Endgültige Antidumpingzölle treten spätestens fünf Jahre nach ihrer Installation oder nach ihrer letzten Überprüfung außer Kraft, es sei denn, in einer erneuten Überprüfung wird festgestellt, dass die Schädigung wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten wird.
Umgehung von ADZ
Werden nach der Eröffnung eines Antidumpingverfahrens oder nach Verhängung von ADZ Montagestätten neu errichtet oder Montagen deutlich ausgeweitet, so istbei einem zeitlichen Zusammenhang zu vermuten, dass diese Handlungen auf die Umgehung der Antidumpingmaßnahmen abzielen (EuGH, Urt. v. 13.12.1989 C-26/88). Hier muss das Unternehmen nachweisen, dass die Verlagerung sachgerechte Gründen hat und nicht der Umgehung dient. Im Fall der Umgehung von ADZ kann die EU bereits bestehende Antidumpingzölle auf Einfuhren gleichartiger Ware oder von Teilen dieser Ware aus Drittländern ausweiten. Art. 13 Abs. 1 UAbs. 3 VO (EU) 2016/1036 definiert eine Umgehung als
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eine Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der EU, die sich aus einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit ergibt, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gibt,
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wenn Beweise wie Preise und/oder Mengen der montierten gleichartigen Waren dafür vorliegen, dass die Abhilfewirkung des Zolls untergraben wird,
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und wenn Beweise für Dumping im Verhältnis zu den Normalwerten vorliegen, die für gleichartige oder ähnliche Waren früher festgestellt wurden.
Rechtsschutz gegen ADZ
Rechtsakte, mit denen Antidumpingzölle eingeführt werden, können nach Art. 263 (4) 2 AEUV beim EuG bzw. EuGH angegriffen werden. Dies ist zulässig, wenn der Rechtsakt dem Kläger gegenüber eine individualisierbare Entscheidung enthält. Dies ist bei den Herstellern in Drittstaaten und der von diesen aufgrund einer besonderen wirtschaftlichen Verpflichtung abhängigen Importeure der Fall.
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