Steuerhinterziehung: Strafe und Nebenfolgen

Einstellung gegen Auflage, Geldstrafe, Freiheitsstrafe, Einziehung bei Steuerhinterziehung

„Inzwischen besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass die Bundesrepublik als ein justizstaatlich durchorganisiertes Gemeinwesen von einem demokratischen 'Gesetzesstaat' zu einem 'Richterstaat' mutiert ist: Geltendes Recht ist das, was die letzten Instanzen rechtskräftig entscheiden.“

Bernd Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung, 8. Aufl., S. 503

Steuerhinterziehung und Steuerschäden, Bedeutung für die Strafzumessung

Die durch eine Steuerhinterziehung eingetretenen Steuerschäden werden (vereinfacht) durch den Vergleich der IST-Steuer mit der SOLL-Steuer ermittelt. Da sich verschiedene Taten der Steuerhinterziehung zumeist nur durch die Höhe der hinterzogenen Steuern unterscheiden, ist die Höhe der Steuerverkürzung ein zentrales Kriterium für das Strafmaß bei diesem Straftatbestand.

Die Begehungsformen der Steuerhinterziehung unterscheiden sich nur insoweit, ob eine Steuererklärung abgegeben wurde oder nicht, also steuerliche erhebliche Angaben gemacht oder unterlassen wurden, oder ob die Verwendung von Steuerzeichen (Tabaksteuer) unterlassen wurde. Die Tatbestandsvariante der Nichtverwendung eines Steuerstempel ist nicht mehr praxisrelevant. Die Abgabe bzw. Nichtabgabe von Steuererklärungen bietet nicht viel Raum für individualisierende Merkmale, so gibt es in der Regel keine "Steuerhinterziehung im Affekt". Das Delikt der Steuerhinterziehung ist insofern eher eindimensional.

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Der nächste Schritt der Verteidigung ist in aller Regel die Akteneinsicht. Danach stimmen wir die beste Strategie für Ihren Fall ab.

Ist der Betrag der durch die Steuerstraftat verursachten Hinterziehung bekannt, lassen sich häufig schon belastbare Aussagen zum zu erwartenden Strafmaß für den Mandanten treffen. Insbesondere ist durch den angenommenen Steuerschaden abgrenzbar, ob u.U. eine Freiheitsstrafe (auch Gefängnisstrafe oder Haftstrafe genannt) droht.

Dies wirkt sich wiederum darauf aus, ob U-Haft zu befürchten ist. Je höher die zu erwartende Strafe, desto wahrscheinlicher geben die Finanzbehörden den Fall an die Staatsanwaltschaft ab, welche im Fall der Haft die für die Durchführung des Verfahrens wegen Steuerhinterziehung ausschließlich zuständige Behörde ist.

Die Höchststrafe für Steuerhinterziehung ist nach § 370 AO bei einem einzelnen nicht besonders schweren Fall fünf Jahre Freiheitsstrafe, bei mehreren Taten, für die eine Gesamtstrafe gebildet wird, fünfzehn Jahre.

Strafjustizgebäude Hamburg
Strafjustizgebäude Hamburg, Sievekingplatz

Einstellung des Strafverfahrens wegen Steuerhinterziehung

Die Mehrzahl der Steuerstrafverfahren wegen Steuerhinterziehung (vulgo "Steuerbetrug") endet mit einer Einstellung gemäß Paragraf 153a der Strafprozessordnung (StPO). Der Beschuldigte erhält die Möglichkeit, daß Verfahren durch Zahlung einer Geldauflage zu beenden und Strafklageverbrauch eintreten zu lassen.

Bei der Geldauflage handelt es sich nicht um eine Strafe bzw. Geldstrafe. Auch wenn der "Steuersünder" unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht oder die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen hat, erlangt er in gewisser Weise Straffreiheit.

Die Berliner Finanzbehörden sehen sich in der Regel bis zu 10.000 EUR hinterzogenen Steuern zu einer Einstellung gemäß § 153a StPO in der Lage. Mittlerweile erfolgen durch das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen Berlin in manchen Fällen auch Einstellungen bei deutliche höheren hinterzogenen Steuern.

Finanzamt für Fahndung und Strafsachen Berlin
Finanzamt für Fahndung und Strafsachen Berlin

Das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg zeichnet sich demgegenüber durch eine etwas höhere Flexibilität aus, die allerdings hinter derjenigen beispielsweise nordrhein-westfälischer Finanzbehörden noch weit zurücksteht. Abhängig von der Beweislage sind auch bei Gerichten Einstellungen bei weit höheren Hinterziehungsvorwürfen möglich.

Die Einstellung des Steuerstrafverfahrens gemäß § 153a StPO stellt keinen Schuldnachweis dar und auch die Zahlung der Auflage kann nicht dahingehend gewertet werden, daß der Beschuldigte tatsächlich Steuern hinterzogen bzw. zu Unrecht Steuervorteile erlangt hat.

Die Frist zur Entrichtung der Auflage wird auf höchstens 6 Monate festegesetzt und kann einmal um 3 Monate verlängert werden. Die Höhe der Geldauflage orientiert sich an dem Betrag, der als Geldstrafe im Falle eines Strafbefehls festgesetzt würde (s. unten). Gemäß § 12 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mindert die gezahlte Geldauflage nicht das Einkommen, ist also nicht abzugsfähig.

Eine Einstellung ohne Auflagen wegen Geringfügigkeit gemäß § 153 StPO, § 398 der Abgabenordnung (AO) kommt nur in Fällen in Betracht, in denen die Höhe der hinterzogenen Steuern deutlich unter dem Durchschnitt liegt. Die Einstellung liegt im Ermessen der Behörde und ist neben der Höhe der Steuerverkürzung auch von anderen Tatsachen abhängig.

Strafbefehl bei Steuerhinterziehung: Haftstrafe und/oder Geldstrafe

Die zweithäufigste Beendigung des Steuerstrafverfahrens erfolgt durch den Strafbefehl. Legt der Betroffene keinen fristgemäßen Einspruch gegen den ihm zugestellten Strafbefehl ein, wird dieser rechtskräftig und stellt eine strafrechtlich Verurteilung dar. Im Falle eines Einspruchs kommt es zur Hauptverhandlung und der Strafbefehl bekommt die Funktion einer Anklageschrift.

Im Strafbefehl kann (Gesamt-)Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr auf Bewährung ausgesprochen werden. In der Hauptverhandlung nach einem Einspruch gegen den Strafbefehl besteht die Möglichkeit der Vertretung durch einen Strafverteidiger, d.h. man muss als angeblicher Steuerhinterzieher nicht zwingend vor Gericht zu erscheinen. Man erspart sich so u.a., den Zeugen von der Steuerfahndung und anderen Finanzbehörden wie dem Betriebsprüfer gegenübertreten zu müssen. Es gelten die Erleichterungen der Beweisaufnahme wie im beschleunigten Verfahren nach § 420 StPO.

Strafzumessung bei Geldstrafe wegen Steuerhinterziehung

Die deutlich häufiger als die Freiheitsstrafe verhängte Geldstrafe bemißt sich in der Regel nach der Höhe der Steuerverkürzung. In Berlin werden bei der Steuerhinterziehung in der Regel je hinterzogene 1.000 Euro etwa 10 Tagessätze verhängt. Diese Strafzumessung ist allerdings unverbindlich und auch abhängig vom Maß des sonstigen Verschuldens des Täters im Rahmen der Steuerstraftaten.

Im Vergleich mit anderen Oberfinanzdirektionsbezirken ist damit in Berlin mit einer verhältnismäßig schweren Strafe für eine Steuerhinterziehung zu rechnen (vgl. Strafmaßtabelle, abgedruckt etwa in Quedenfeld/Füllsack, Verteidigung in Steuerstrafsachen, 4. Aufl., Rn.1181).

Das Strafmaß ist dennoch relativ gering im Vergleich etwa zum grundsätzlich vergleichbaren Straftatbestand des Betrugs. Auch wenn Gerichte und Behörden nicht müde werden zu betonen, dass die Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt sei, sind die Strafen bei anderen Vermögensdelikten - bei Gegenüberstellung von Steuerschaden und Schaden bei Betrug, Untreue etc. - häufig höher.

Tendenziell steigt die Zahl der Tagessätze bei niedrigen Hinterziehungsbeträgen progressiv und bei hohen Beträgen degressiv.

Höhe der Tagessätze bei Geldstrafe wegen Steuerhinterziehung

Der Betrag der Geldstrafe ergibt sich aus der Multiplikation der Tagessätze mit dem Betrag eines einzelnen Tagessatzes. Die Höhe des Tagessatzes richtet sich gem. § 40 Abs. 2 Satz 2 StGB nach dem „Nettoeinkommen", das der Täter täglich hat bzw. haben könnte. Nettoeinkommen ist der dem Täter nach Abzug der gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen (Steuer und Sozialversicherungsbeiträge), der außergewöhnlichen Belastungen und bei nicht sozialversicherungspflichtigen Tätern der Aufwendungen für eine Lebens- und Krankenversicherung verbleibende Betrag.

Weitere Abzüge kommen u.U. in Betracht, z.B. Zins- und Tilgungsleistungen für ein Eigenheim. Wenn der Täter vorhandene Erwerbsmöglichkeiten nicht oder nicht ausreichend nutzt, oder ein geringeres als das übliche Arbeitsentgelt für seine Arbeit vereinbart, darf er dadurch bei der Bemessung der Geldstrafe nicht besser gestellt werden.

Unterhaltsleistungen des Täters sind angemessen zu berücksichtigen, auch wenn sie nicht nachgewiesen werden (AStBV [St] 2012 Nr. 86).

Der Mindestbetrag eines Tagessatzes liegt bei 1 EUR, der Höchstbetrag bei 5.000 EUR. Hieraus ergibt sich ein theoretisches Strafmaß der Geldstrafe von 5 EUR bis 21.600.000 EUR.

Besonders schwerer Fall und Freiheitsstrafe

In besonders schweren Fällen beträgt die Mindeststrafe allerdings 6 Monate Freiheitsstrafe. Ein besonders schwerer Fall liegt u.a. schon dann regelmäßig vor, wenn unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt wurden. Ein weiteres sogenanntes Regelbeispiel eines besonders schweren Falles ist gegeben, wenn Steuern in besonders großem Ausmaß verkürzt werden (oder entsprechende Steuervorteile erlangt werden). Der Bundesgerichtshof hat hierzu mit Urteil vom 02.12.2008 (BGHSt 53, 71) entschieden, daß ein besonders großes Ausmaß bei einer Steuerverkürzung ab 50.000 EUR und bei einer Gefährdung des Steueranspruches ab 100.000 EUR gegeben sei. Diese Rechtsprechung wurde ersichtlich durch den Gesetzgeber gebilligt (vgl. BGH, Beschl. v. 05.05.2011 - 1 StR 116/11 = NStZ 2012, 162), barg aber im Detail noch Widersprüche (vgl. BGH, Beschl. v. 15.12.2011 m. Anm. Grießhammer, NZWiSt 2012, 154 ff.).

Mit Urteil vom 27.10.2015 (BGH 27.10.2015 – 1 StR 373/15, BGHSt 61, 28) hat der BGH seine Rechtsprechung geändert und entschieden, dass für die Annahme einer Hinterziehung in großem Ausmaß einheitlich – also auch bei Unterlassen – die Betragsgrenze von 50.000 € gilt.

Portal eines Gerichtssaals im Berliner Kriminalgericht
Portal eines Gerichtssaals im Berliner Kriminalgericht

Strafe bei Steuerhinterziehung von 50.000 Euro, 100.000 Euro und 1.000.000 Euro

Der Bundesgerichtshof hat sich mehrfach zu den Strafen im Steuerstrafrecht geäußert. Die Steuerhinterziehung ist regelmäßig Thema der Berichterstattung der allgemeinen Presse, sei es, weil Straftaten Prominenter aufgedeckt werden (auch wenn sie durch eine Selbstanzeige Straffreiheit erlangen), weil durch Cum-Ex etc. den Behörden Milliarden entgehen, oder weil der Gesetzgeber hierauf mit immer höheren Strafrahmen reagiert. Der Bundesgerichtshof merkt in seinen Urteilen an, dass die Bevölkerung - aus seiner Sicht - hohe Strafen für die Steuerhinterziehung begrüßt, obwohl dies kein geeignetes Kriterium für die Angemessenheit einer Strafe sein kann. Dennoch ist die Praxis durch die höchstrichterlichen Vorgaben gezwungen, unter die Rechtsprechung und nicht mehr unter das Gesetz zu subsumieren.

Ab einem Hinterziehungsbetrag von 50.000 Euro bzw. entsprechend hohen zu Unrecht gewährter Steuervorteile kommt, abgesehen von besonderen strafschärfenden oder -mildernden Umständen, nach Auffassung des Bundesgerichtshofs für die Steuerhinterziehung eine Freiheitsstrafe in Betracht. Die Staatsanwaltschaft Hamburg beantragt bei einer Steuerhinterziehung bis 50.000 Euro in der Regel eine Strafe bis zu 360 Tagessätzen, darüber bei einer Steuerhinterziehung bis 100.000 Euro eine Strafe bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe.

Ab einer Steuerhinterziehung 100.000 Euro ist nach der Rechtsprechung des BGH eine Freiheitsstrafe die Regel, die allerdings grundsätzlich noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Die Staatsanwaltschaft Hamburg sieht hier bei einer Steuerhinterziehung bis zu 200.000 Euro einen Strafrahmen von einem Jahr bis einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe vor. Bei einer Steuerhinterziehung bis 500.000 Euro ist eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren vorgesehen.

Ab einem Betrag von 1.000.000 Euro kommt nach der Rechtsprechung des BGH in der Regel keine bewährungsfähige Strafe (bis zu 2 Jahren) mehr in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2012 - 1 StR 525/11: Der BGH hat die Verurteilung eines Steuerhinterziehers zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren auf Bewährung durch das Landgericht Augsburg aufgehoben, da die aus Sicht des Senats zu milde Strafe keinen gerechten Schuldausgleich mehr darstelle. Der Verurteilte hatte durch zwei Steuerhinterziehungen jeweils über 890.000 und 240.000 EUR verkürzt. Die vom BGH geforderten "besonders gewichtigen Milderungsgründe" lagen nicht vor, insbesondere die Verfahrensdauer von dreieinhalb Jahren sei in Wirtschaftsstrafsachen regelmäßig nicht ausreichend, um eine mildere Strafe zu rechtfertigen. Vgl. hierzu bereits BGH, Urt. v. 02.12.2008, 1 StR 416/08).

Siegel des Bundesgerichtshofs
Siegel des Bundesgerichtshofs

Die Strafzumessung im Fall Uli Hoeneß war eher nicht repräsentativ. Dreieinhalb Jahre Gefängnis für 28,5 Millionen Euro verkürzte Steuern erscheinen - trotz Geständnis und Zahlung der sich aus der Steuerhinterziehung ergebenden Steuerlast - als eine sehr niedrige Strafe.

Ähnliche Steuerschäden treten häufig bei sog. Umsatzsteuerkarussellen ein, hier ist eine zweistellige Freiheitsstrafe keine Seltenheit. Sicherlich unterscheiden sich die Fälle strukturell, der Staat muss sich dennoch fragen lassen, ob eine derartige Spreizung durch Tatsachen zu rechtfertigen ist, die im Steuerstrafrecht Anerkennung verdienen.

Weitere Strafzumessungsgründe bei Steuerhinterziehung

Neben der Höhe des hinterzogenen Betrages spielen für die Höhe der Strafe für eine Steuerhinterziehung weitere Strafzumessungsgründe eine Rolle (vgl. AStBV [St] 2012 Nr. 77). Strafmildernd ist insbesondere zu berücksichtigen:

  • Handeln aus nicht selbst verschuldeter Zwangs- oder Notlage heraus oder zum fremden Vorteil,

  • aktive Mithilfe bei der Tataufklärung,

  • „verunglückte" Selbstanzeige,

  • geständige Einlassung,

  • Wiedergutmachung (Zahlung der verkürzten Steuern),

  • steuerliche Unerfahrenheit bzw. geringer Bildungsgrad, soweit diese Umstände die Tat beeinflusst haben,

  • lange Dauer zwischen Tatbegehung und Aburteilung (vgl. ➤ Steuerhinterziehung Verjährung).

Strafschärfend wird demgegenüber regelmäßig berücksichtigt:

  • Handeln aus Gewinnsucht, grobem Eigennutz oder Habgier,

  • gewissenloses und rücksichtsloses Vorgehen,

  • Steuerverkürzung über einen längeren Zeitraum,

  • vorausgegangene Einstellungen unter Auflagen und einschlägige Vorstrafen (vgl. aber § 51 BZRG),

  • besonders verwerfliche Ausführung (z.B. Urkundenfälschung, falsche eidesstattliche Versicherung nach § 95 AO, Verleitung Dritter - insbesondere abhängiger Personen - zur Teilnahme, Buch- und Belegmanipulationen, Verletzung von Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten hinsichtlich geschäftlicher Unterlagen - vgl. BGH, Urteil vom 28. Juli 2010 - 1 StR 643/09, Konten auf falschem oder erdichtetem Namen),

  • Verletzung von besonderen Erklärungs- und Zahlungspflichten wie z.B. bei Lohn- und Umsatzsteuer,

  • Behinderung der Tataufklärung (z.B. Vernichten oder Beiseiteschaffen von Beweismitteln, Beeinflussung von Zeugen, bewusste Irreführung der Ermittlungsbehörden),

  • aktives Verhalten um den Steueranspruch zu vereiteln (z.B. Verbringen des Vermögens in das Ausland).

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen

Außerstrafrechtliche Folgen und strafrechtliche Nebenfolgen der Steuerhinterziehung

Strafrechtliche Nebenfolgen und außerstrafrechtliche Folgen können gravierendere Auswirkungen als die Strafe selbst haben. Als Maßregel der Sicherung und Besserung kann das Gericht bereits im Strafverfahren ein Verbot aussprechen, einen Beruf, Berufszweig, Gewerbe oder Gewerbezweig auszuüben. Die Dauer des Verbots beträgt ein bis zu 5 Jahre, in seltenen Ausnahmefällen kann es jedoch sogar lebenslang ausgesprochen werden, § 70 Abs. 1 S. 2 StGB.

Steuerstrafrecht und verkammerte Berufe

Für Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe, Ärzte, Apotheker, Architekten, Bankmitarbeiter, Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes besteht die Gefahr berufs- und disziplinarrechtlicher Folgen einer Steuerhinterziehung.

Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer müssen im Falle einer Verurteilung wegen einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit im ungünstigsten Fall mit einer Ausschließung gemäß § 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO, § 90 Abs. 1 Nr. 4 StBerG, § 19 Abs. 1 Nr. 3 WPO oder einer Entfernung aus dem Amt gemäß § 97 Abs. 1 BNotO rechnen.

Ärzte müssen den Entzug der Approbation nach den §§ 5 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO wegen Unzuverlässigkeit oder Unwürdigkeit zur Ausübung des Arztberufes befürchten. Der Widerruf der Approbation erfolgt durch die nach Landesrecht zuständige Landesbehörde nach § 12 Abs. 4 S. 1 BÄO. Bei Apothekern richtet sich der Widerruf der Approbation nach den §§ 6 Abs. 2 i.V.m. 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BApO.

Bei Architekten kommt eine ehrengerichtlich veranlasste Löschung der Eintragung in die Architektenliste nach den landesrechtlichen Architektengesetzen in Betracht (Quedenfeld/Füllsack-Bach, Verteidigung in Steuerstrafsachen, 4. Aufl., Rn. 1172).

Für Bankmitarbeiter kann sich wegen einer Steuerstraftat bzw. -ordnungswidrigkeit die Aufhebung der Erlaubnis gemäß §§ 33 Abs. 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG ergeben.

Neben die zu tragende Steuerlast tritt für die Mandanten also u.U. der Verlust des Einkommens.

Beamtenrechtliche Folgen der Steuerhinterziehung

Ein Beamtenverhältnis endet bei Verurteilung wegen eines Vorsatzdelikts zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ipso iure gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BBG. Bei einer Verurteilung wegen bestimmter Delikte, insbesondere Bestechlichkeit, reichen 6 Monate Freiheitsstrafe bereits aus. Der Anspruch auf Besoldung und Versorgung endet gemäß § 39 BBG. Ein Gnadengesuch gemäß § 43 BBG gegen den Verlust der Beamtenrechte verspricht nur geringe Erfolgsaussichten. Beamtenrechtliche Konsequenzen sind auch bei Verurteilung zu geringeren Strafen möglich. Dies gilt auch bei einer strafbefreienden Selbstanzeige.

Verwaltungsrechtliche Folgen der Steuerhinterziehung

Verwaltungsrechtliche Folgen der Steuerverfehlung können sein: Passversagung bzw. Passentzug, waffen- und jagdrechtliche Konsequenzen, Verbot des Betretens des nicht allgemein zugänglichen Bereich eines Flugplatzes, Ausweisung eines Ausländers (vgl. rechtshistorisch in diesem Zusammenhang die Ausbürgerung nach dem Gesetz gegen die Steuerflucht vom 26. Juli 1918) sowie die Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit. So gilt nach § 17 Abs. 4 Nr. 1 Bundesjagdgesetz als unzuverlässig, wer wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen verurteilt wurde. Dieselbe Strafe führt auch zur Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 PaßG ist Personen der Paß zu versagen, die sich ihren steuerlichen Verpflichtungen entziehen wollen. Der Steuersünder, der hinterzogene Steuern nicht zahlt, gilt in der Regel als solche Person. Wer sich nach einer Steuerhinterziehung ins Ausland absetzt und nicht ausgeliefert wird, muss befürchten, dass sein Paß nicht verlängert wird, wenn er bei den zuständigen Behörden im Ausland vorstellig wird, nachdem der Paß abgelaufen ist. Der Aufenthalt in Ländern ohne gültigen Paß kann eine Straftat nach dem dortigen Recht darstellen und die Ausweisung zur Folge haben.

Schließlich kann eine Steuerverfehlung den Ausschluß von öffentlichen Aufträgen zur Folge haben. Das Korruptionsregistergesetz des Landes Berlin sah in § 3 Abs. 1 Nr. 15 KRG eine Eintragung vor, wenn gegen § 370 AO verstoßen wurde. Dies galt gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3 KRG sogar dann, wenn das Verfahren gemäß § 153a StPO gegen Auflage endgültig eingestellt wurde. Letztere Regelung dürfte jedoch massiv gegen die Unschuldsvermutung gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK verstoßen haben.

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